Es lohnt sich nicht mit jedem zu Diskutieren

von Stefan Hoffmeister
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Wie bereits zuletzt beschrieben hat mich das Buch “Die Kunst Recht zu behalten”, von Arthur Schopenhauer, dazu inspiriert über das ein oder andere Thema nachzudenken. Heute einige Gedanken zum Thema “Diskutieren” oder wie es der Philosoph in seinem Sprachgebrauch nennt: “Disputieren”.

Es lohnt sich nicht mit dem ersten Besten zu diskutieren

sondern allein mit solchen, die man kennt, und von denen man weiß, dass sie Verstand genug haben, nicht gar zu Absurdes vorzubringen und dadurch beschämt werden zu müssen;

An anderer Stelle sagt Schopenhauer:

Dem Menschen geht nichts über die Befriedigung seiner Eitelkeit und keine Wunde schmerzt mehr als die, die dieser geschlagen wird.

Somit werden mehrere Voraussetzungen genannt, die ein Gesprächspartner aufweisen sollte:

  • man sollte den Gegenüber, bzw. seine Einstellung und Haltung kennen
  • das Gegenüber sollte vernünftige und nachvollziehbare Argumente aufbringen können
  • es sollte ein ernstes Interesse am Thema haben und nicht wegen der Bestätigung seiner selbst einen Sieg erringen wollen. Dazu gehört auch noch folgende charakterliche Basis

 

und um mit Gründen zu disputieren und nicht mit Machtsprüchen, und um auf Gründe zu hören und darauf einzugehn; und endlich, dass sie die Wahrheit schätzen, gute Gründe gern hören, auch aus dem Munde des Gegners, und Billigkeit genug haben, um es ertragen zu können, Unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der andern Seite liegt.

Schon vor einem Gespräch, einem Diskurs stellen sich die Fragen:
  • bin ich bereit die Argumente des Anderen in Erwägung zu ziehen?
  • habe ich Interesse an der Wahrheit? Oder nehme ich für mich in Anspruch diese abonniert zu haben?
  • kann ich dem Anderen Recht einräumen?
Leider musste auch schon Schopenhauer feststellen, dass diese Eigenschaften nicht bei vielen Menschen vorhanden sind.

Daraus folgt, dass unter Hundert kaum Einer ist, der wert ist, dass man mit ihm disputiert.

Welche Schlüsse man daraus zieht ist jedem selbst überlassen. Der Gelehrte meinte jedenfalls

Die Übrigen lasse man reden, was sie wollen, denn desipere est juris gentium [Es ist ein Völkerrecht unverständig zu sein], und man bedenke,  was Voltaire sagt: La paix vaut encore mieux que la verite [Der Friede ist mehr wert als die Wahrheit]

Welchen Wert hat das Diskutieren?

Das Diskutieren ist als Reibung der Köpfe allerdings oft von gegenseitigem Nutzen, zur Berichtigung der eignen Gedanken und auch zur Erzeugung neuer Ansichten.

Hier stellt sich natürlich die Frage, ob beide Gesprächspartner überhaupt Interesse an neuen Ansichten haben. Lasse ich meine Gedanken und Vorstellungen wirklich hinterfragen? Oder sind diese unverrückbar? Wenn das letztere zutrifft dann stellt sich von vornherein die Frage der Sinnhaftigkeit einer Diskussion.

Die Frage nach der inneren Einstellung setzt sich weiter fort

Allein beide Disputanten müssen an Gelehrsamkeit und an Geist ziemlich gleichstehn. Fehlt es Einem an der ersten, so versteht er nicht Alles, ist nicht au niveau. Fehlt es ihm am zweiten, so wird die dadurch herbeigeführte Erbitterung ihn zu Unredlichkeiten und Kniffen [oder] Grobheit verleiten.

Wenn also einer der Beiden intellektuell oder fachlich in Unterlegenheit gerät, besteht regelmäßig die Gefahr, dass er dies versucht durch rhetorische Kniffe oder persönliche Angriffe auszugleichen.

Sämtliche Zitate stammen aus:
Arthur Schopenhauer, die Kunst Recht zu behalten
Nikol Verlagsgesellschaft
3. Auflage 2010

Fassen wir zusammen:
Diskutieren, unter der Voraussetzung eines echten Austausches von sachlichen Argumenten, kann lehr- und hilfreich sein. In den meisten Fällen ist dies jedoch aufgrund charakterlicher Mängel – mindestens einer der beiden Gesprächspartner will nicht von seinem Standpunkt abweichen, zumeist aufgrund seiner eigenen Eitelkeit – ein sinnloses Unterfangen, das man sich von vornherein sparen kann…

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2 Kommentare

Lennard Berger 8. Januar 2016 - 03:06

Anzumerken ist das Schopenhauer elegant darlegt wie man auch dem ungewillten Disputanten seiner Richtigkeit aufzwingt. Dazu, aus Kunstgriff 30, “ja, es gibt keine noch so absurde Meinung die der Mensch nicht leicht zu der ihrigen macht, sobald man sie dahin gebracht hat, das solche als allgemein angenommen sei “. Wie wir folgend aus Kunstgriff 33 wissen, können wir jede noch so starsinnige Meinung dahingegen reizen das wir die Folgen einer engen These verallgemeinern und widerlegen, obwohl der Disputant nie einer Diskussion zustimmte. Um unser Argument treffend zu festigen wenden wir Kunstgriff 35 an.
Beispiel :
A: Ich bin gegen Tempolimit 120
B: Das kann ich nicht verstehen. Dennoch zeigen Studien das das Tempolimit 120 das Risiko für Auffahrunfälle um 62% verringert. Und du würdest ja wirklich nicht wollen, das jemand anderes wegen dir in Gefahr ist, oder?

Mit diesem netten Exemplarum zwingen wir den Disputat, insbesondere wenn das Szenario im öffentlichen Raum stattfindet, eine Rechtfertigung für sein eigenes Dogma finden zu müssen.
Das Beispiel ist natürlich wirklich nur dahergesponnen, aber so habe ich doch schon manch braunes Volk dazu verleiten können seine Moral als falsch zuzugeben.
Obwohl im Kunstgriff 38 logische Fehler vorhanden sind dennoch ein sehr unterhaltsames Buch!

Antwort
Stefan Hoffmeister 8. Januar 2016 - 07:55

sehr schönes Beispiel. Vielen Dank für die Ergänzung

Antwort

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